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VR

MEDICUS

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STRATEGIE.

Beide Trends verstärken sich gegenseitig und führen dazu,

dass heute selbst in guten Lagen die Praxisabgabe problema-

tisch ist. Grund genug, das Projekt „Praxisabgabe“ frühzei-

tig zu beginnen und bereits einige Jahre vor dem geplanten

Übergabetermin nach potenziellen Nachfolgern Ausschau zu

halten. Ist ein passender Kandidat gefunden, muss dieser bis

zur Praxisabgabe in die Praxis eingebunden werden. Hierbei

muss eine Konstruktion gefunden werden, die weder für den

Praxisinhaber, noch für den späteren Praxisübernehmer wirt-

schaftlich schädlich ist.

Zunächst ist zu beachten, dass die Praxis für die Übergangs-

phase einen zusätzlichen Arzt „ernähren“ muss. Denn auch

der hinzukommende Arzt muss seinen Lebensunterhalt aus

den Praxiseinkünften bestreiten. Sofern der bisherige Pra-

xisinhaber bis zur Praxisabgabe seinen Arbeitsumfang und

damit auch seine Einkünfte nicht einschränken will, muss die

Praxis Mehrumsätze durch die Mitarbeit des hinzukommen-

den Partners erzielen und Reserven aktivieren. Dies kann

durch den Ausbau der Fallzahl gelingen, durch eine Steige-

rung von extrabudgetären Leistungen (z. B. OPs) oder durch

eine Intensivierung der Aktivitäten im GOÄ-Bereich.

Doch eine Ausweitung der Leistungsmenge bedeutet im

ambulanten Gesundheitswesen bekanntlich nicht immer,

dass auch das Honorarvolumen steigt. Regelleistungsvolu-

men und Budgets können dazu führen, dass der Lohn der

Mehrarbeit nicht auf dem Konto erscheint. Dies ist bei der

Konstruktion der Übergangsgemeinschaft zu beachten. So

führt in überversorgten Planungsbereichen die häufig ange-

dachte Job-Sharing-Lösung unmittelbar zu einer Wachstums-

beschränkung der Praxis auf dem zuletzt erreichten Niveau.

Damit sind die notwendigen Umsatzsteigerungen zumindest

über die Kassenarztpraxis von vornherein unmöglich. Die Ein-

bindung eines künftigen Praxisübernehmers als Job-Sharer

scheidet daher in vielen Fällen aus.

Eine interessante Alternative ist die Halbierung der Zulassung

des bisherigen Praxisinhabers. Mit dieser Gestaltungsmög-

lichkeit kann in vielen Fällen eine wirtschaftlich tragfähige

Lösung für eine Übergangsgemeinschaft mit dem Ziel der

Immer mehr Ärzte erreichen das geplante Rentenalter. In den letzten zehn Jahren ist das Durchschnittsalter auf

54 Jahre gestiegen (Quelle: Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister, KBV). Insbesondere bei den

Hausärzten ist der Anteil der über 60-Jährigen mit 33,5% besonders hoch. Parallel stagniert die Zahl der Medizin-

studenten an den Universitäten seit Jahren.

Aufnahme eines Juniorpartners zur

Vorbereitung der Praxisabgabe

späteren Praxisabgabe konstruiert werden. Der beitretende

Partner und spätere Übernehmer der Praxis erwirbt dabei

mit Eintritt in die Praxis zunächst eine halbe Zulassung von

dem bisherigen Praxisinhaber. Beide Partner verfügen dann

jeweils über eine Teilzulassung und gründen eine klassische

Berufsausübungsgemeinschaft. Da ein Job-Sharing-Status

des beitretenden Partners auf diese Weise vermieden wird,

unterliegt die Praxis auch keinem Job-Sharing-Deckel. Mehr-

leistungen etwa im extrabudgetären Bereich (Operationen,

Prävention, Notdienste etc.) werden somit in den meisten

KVen honorarwirksam und steigern Umsatz und Gewinn.

Zu beachten sind jedoch die jeweiligen Honorarverteilungs­

maßstäbe der einzelnen KVen. Denn teilweise gibt es auch

bei einer Zulassungsteilung Wachstumsgrenzen im extrabud-

getären Bereich.

Zu beantworten ist noch die Frage nach dem Eintrittspreis,

den der beitretende Partner (und spätere Übernehmer) der

Praxis an den bisherigen Praxisinhaber anfänglich bezahlt,

und die Frage nach der Gewinnverteilung in der Übergangs-

gemeinschaft. Zu beiden Fragen sollten Experten zurate ge-

zogen werden, wie Steuerberater und Sachverständige, die

den Praxiswert bestimmen können. Ein bewährtes Gewinn-

verteilungsmodell ist bspw. die Verteilung der Gewinne nach

Leistungsanteilen. Mehrerlöse können so dem beitretenden

Partner unmittelbar zugeordnet werden, ohne den Gewinn

des bisherigen Praxisinhabers zu beeinträchtigen. Nach einer

Übergangszeit von ein oder zwei Jahren kann dann planmä-

ßig die Übergabe der Praxis an den Nachfolger vervollstän-

digt und abgeschlossen werden. Durch die zuvor beschrie-

bene frühzeitige Einbindung eines Übernahme-Kandidaten

in die eigene Praxis kann die zunehmend auftretende Abga-

be-Problematik möglicherweise gänzlich vermieden werden.

Stefan Hoch

Frielingsdorf Consult GmbH

Hohenstaufenring 48 - 54

50674 Köln

www.frielingsdorf.de