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VR
MEDICUS
REGIONAL.
Die Gesamtzahl der Vertragsärzte und -psychotherapeuten in
Westfalen-Lippe hat sich in den vergangenen Jahren deutlich
erhöht. Trotz dieser positiven Entwicklung besteht kein An-
lass zur Entwarnung. Insbesondere die ländlichen und struk-
turschwachen Regionen sind mit Blick auf die Zukunft von
einem Ärztemangel – vor allem im hausärztlichen Bereich –
bedroht. Im Gegensatz zum fachärztlichen und psychothera-
peutischen Versorgungsbereich, in welchem die Arztzahlen
deutlich zugenommen haben, ergab sich bei den Hausärzten
laut Versorgungsbericht 2015 der Kassenärztlichen Vereini-
gung Westfalen-Lippe (KVWL) sogar ein Rückgang.
Während im Jahr 2009 noch 4.857 Hausärzte in der KV-
Region praktizierten, lag deren Zahl im Frühjahr 2017 bei
4.759. Zwar konnte der Abwärtstrend bei den abgeschlos-
senen Facharztweiterbildungen in den Bereichen Allgemein-
medizin und Innere Medizin im Jahr 2014 endlich gestoppt
werden (vgl. Abb.), doch reicht die Anzahl der Nachwuchs-
hausärzte bei Weitem nicht dazu aus, jene Kollegen zu erset-
zen, die in den kommenden Jahren altersbedingt aus dem
Beruf ausscheiden werden.
Im Frühjahr 2017 waren bereits 2.845 bzw. fast 60% der Hau-
särzte in Westfalen-Lippe über 60 Jahre alt. Das bedeutet, dass
in den kommenden Jahren viele Praxisabgaben zu erwarten
sind. Um den laufenden Ersatzbedarf zu decken, wären laut
Ärztekammer Westfalen-Lippe jährlich rund 200 abgeschlos-
sene Weiterbildungen im hausärztlichen Bereich erforderlich.
Im Jahr 2016 lag deren Zahl jedoch nur bei 114. Hinzu kommt,
dass damit zu rechnen ist, dass einige der Nachwuchshausärz-
te in andere Regionen oder gar andere Tätigkeitsbereiche
abwandern und somit nicht für die ambulante Versorgung in
Westfalen-Lippe zur Verfügung stehen werden.
Neben der zu geringen Anzahl an Nachwuchsärzten führen
auch strukturelle Veränderungen zu Versorgungsproblemen.
Die nachrückende Ärztegeneration entscheidet sich immer
häufiger für eine Anstellung (vgl. Abb. rechts). Grund ist, dass
die jungen Mediziner immer mehr Wert auf eine ausgegliche-
ne Work-Life-Balance legen und damit auch auf feste Arbeits-
zeiten und flexible Arbeitszeitmodelle. So wuchs der Anteil
der angestellten Ärzte und Psychotherapeuten in freier Pra-
xis zwischen 2013 und 2016 um fast 40%. Da aufgrund der
zunehmenden Teilzeitbeschäftigung die durchschnittliche
Arbeitslast je Mediziner sinkt, sind immer mehr Ärzte nötig,
um das bestehende Versorgungsniveau zu halten.
So hat sich auch in Westfalen-Lippe die Zahl der ärztlichen
Vollzeitäquivalente bei den Hausärzten zwischen 2009 und
2014 um 127 und damit wesentlich stärker als die Gesamtzahl
der Hausärzte (-50) reduziert. Laut Bericht der Ärztekammer
2016 lag Westfalen-Lippe hinsichtlich des Anteils der ange-
stellten Ärzte an den gesamten ambulant tätigen Ärzten mit
20,7% (2016) fast exakt im Bundesdurchschnitt (21,3%).
Westfalen-Lippe – Versorgungsprobleme auf dem Land
Westfalen-Lippe kämpft wie andere Bundesländer gegen den sich verschärfenden Ärztemangel. Zwar stieg die
Anzahl der Vertragsärzte und -psychotherapeuten in der Langzeitbetrachtung an, doch der Schein trügt. So sorgen
zentrale Trends dafür, dass den Patienten trotz der wachsenden Zahl an Mediziner/innen immer weniger ärztliche
Zeitressourcen zur Verfügung stehen. Auch der Masterplan 2020, in den zunächst große Hoffnungen gesetzt
wurden, wird das Nachwuchsproblem im medizinischen Bereich nicht lösen können.
* inklusive Innere Medizin und Allgemeinmedizin
Quelle: Ärztekammer Westfalen-Lippe, 2017 Grafik: Rebmann Research
Entwicklung der erteilten Facharztanerkennungen
Allgemeinmedizin* in Westfalen-Lippe
2006
75
117
2013
48
39
2014
67
39
2015
73
36
2016
73
41
Frauen
Männer