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MEDICUS
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APOTHEKEN.
derum der direkte Zusammenhang – entsprechend stärker
ausgeprägt. Apotheker in Ballungsgebieten profitieren dabei
nicht nur von dem Verordnungspotenzial der nah gelegenen
Ärzte und dem höheren Anteil Privatversicherter, sondern
auch von der Laufkundschaft. Gerade in Top-Lagen können
Apotheken daher überdurchschnittliche Umsatzanteile mit
dem Selbstverordnungs- sowie Ergänzungssegment erzielen.
Auch Center-Apotheken profitieren von überdurchschnitt-
lichen Spannen und besseren Renditen, da deren Anteil an
nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten viel höher
und dort der unternehmerische Spielraum zum Beispiel hin-
sichtlich der Preisgestaltung entsprechend ein anderer ist.
Fast zwei Drittel der verkauften Produkte unterliegen hier
nicht der Rezeptpflicht und der entsprechende Umsatzanteil
liegt bei über 40%. Während im verschreibungspflichtigen
Segment insbesondere die Altersstruktur der Bevölkerung
im Einzugsgebiet der Apotheke relevant ist, denn der Arznei-
mittelverbrauch nimmt mit steigendem Alter zu, besitzt im
OTC-Bereich die Kaufkraft eine weitere zentrale Bedeutung.
Überdurchschnittlich attraktiv sind laut OTC-Arzneimittel-
preiskaufkraftindex auch hier städtische Gebiete wie Müns-
ter oder Bielefeld. Die ländlichen Gebiete hingegen verzeich-
nen eine unterdurchschnittliche OTC-Kaufkraft (siehe Abb.).
Aber nicht nur der Ärztemangel bereitet den Landapothe-
ken Sorge: Wettbewerb gerade im OTC-Bereich kommt aus
den eigenen Reihen durch die – häufig günstigeren – Ver-
sandapotheken. Um im Wettbewerb bestehen zu können,
bietet das Gros der Vor-Ort Apotheken eigene Lieferservices
an, was jedoch mit Zusatzaufwand verbunden ist und damit
den Druck auf die Rendite erhöht. Hinzu kommt, dass Apo-
theker auf dem Land häufiger Nacht- und Notdienste leisten
müssen als ihre Kollegen in der Stadt.
Apothekenvertreter befürchten überdies ein weiteres Apo-
thekensterben aufgrund des EuGH-Urteils, wonach das in
Deutschland geltende Verbot von Rabatten auf verschrei-
bungspflichtige Medikamente für ausländische Versand-
händler als nicht rechtens eingestuft wurde. Die Regierung
hat mit dem Vorschlag reagiert, den Versandhandel mit
verschreibungspflichtigen Medikamenten komplett zu un-
tersagen. Es dürfte jedoch unwahrscheinlich sein, dass dies
tatsächlich umgesetzt wird.
Die Versandhändler selbst sprechen sich für eine Liberalisie-
rung der Preise von verschreibungspflichtigen Medikamen-
ten aus, um die Abhängigkeit des Offizinapothekers auf dem
Land von den Ärzten zu entkoppeln. Dieser könnte die ver-
schreibungspflichtigen Arzneien eventuell günstiger als der
städtische Kollege anbieten (aufgrund günstigerer Kosten
strukturen z. B. für Miete). Es bleibt hier jedoch abzuwarten,
wie und mit welchen Maßnahmen (Liberalisierung oder Re-
gulierung) die Politik handeln wird. Auch die Digitalisierung
könnte einen Vorteil für Landapotheken bringen: Von der
Einführung der Videosprechstunde kann auch der Apothe-
ker vor Ort profitieren, selbst wenn der verordnende Arzt
weiter weg ist.
Obwohl sich die Leistungen von Arzt und Apotheker sehr
stark ergänzen, prallen sie aufgrund unterschiedlicher Auf-
fassungen hinsichtlich ihres Dienstleistungsportfolios im-
mer wieder aufeinander. Die Ärzteschaft befürchtet einen
Eingriff in ihren Leistungskatalog, wenn Apothekern eine
Erweiterung des Angebotsspektrums (Prävention, Gesund-
heitschecks, Medikationsmanagement, Compliance-Pro-
gramme etc.) zugestanden würde. Die Apotheker hingegen
argumentieren, dass sie ärztliche Versorgungsengpässe ab-
federn könnten – beispielsweise bei Impfungen oder dem
Ausstellen von Folgerezepten. Die regelmäßig aufgegriffe-
nen Vorschläge zum ärztlichen Dispensierrecht gehen in die
entgegengesetzte Richtung. Trotz positiver Erfahrungen aus
dem Ausland sowie eines entsprechenden Vorschlags des
Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung
im Gesundheitswesen (SVR Gesundheit) hat sich die Politik
jedoch bislang nicht an dieses „heiße Eisen“ gewagt.
Quelle:
www.acxiom.deKaufkraft OTC in Deutschland